Das Gründerzeitmuseum im Gutshaus Mahlsdorf

Die Berliner Geschichte wurde von verschiedenen kurzlebigen Epochen geprägt: Die wilden zwanziger Jahre, die Zeit des Nationalsozialismus und die Zeit des kalten Kriegs sind dabei nur die bekanntesten Epochen des 20. Jahrhunderts. Ihnen voraus ging die sogenannte Gründerzeit, mit der die Epoche von der Gründung des Deutschen Kaiserreichs bis zum ersten Weltkrieg bezeichnet wird. In dieser Zeit erlebte Berlin einen noch nie gekannten Aufschwung, der mit einem starken Bevölkerungswachstum einherging. Überall entstanden die bis heute als typisch für Berlin geltenden Mietskasernen für die Arbeiterklasse, aber auch prächtige Villen und Gutshöfe für das neue durch den Boom reich gewordene Großbürgertum. Dieser Epoche und ihrem Design setzt das Gründerzeitmuseum im Gutshaus Mahlsdorf in Marzahn-Hellersdorf ein Denkmal

Das Gutshaus der Charlotte von Mahlsdorf

Charlotte von Mahlsdorf wurde 1928 als Lothar Berfelde im Berliner Ortsteil Mahlsdorf geboren und erfand sich nach dem Ende des zweiten Weltkrieges unter dem Namen Charlotte von Mahlsdorf neu. Aus den im Krieg zerbombten Häusern von Berlin rettete sie zahlreiche Alltagsgegenstände, die sie von 1946 bis 1948 zunächst im verwaisten Schloss Friedrichsfelde unterbrachte. 1959 übernahm sie das ebenfalls verwaiste und vom Abriss bedrohte Gutshaus Mahlsdorf, das sie renovierte und in ein Museum umwandelte.

Ein Meisterstück war die Rettung der Mulackritze, einer Gaststätte aus den 20er Jahren im Scheunenviertel, in der u.a. Marlene Dietrich, Gustaf Gründgens und die Berliner Unterwelt verkehrten. Als die Gaststätte 1964 abgerissen wurde, rettete Charlotte von Mahlsdorf die gesamte Inneneinrichtung und baute sie in ihrem Gründerzeitmuseum wieder auf, wo sie bis heute besucht werden kann – einschließlich des als Hurenstube bekannten Hinterzimmers.

Das Gründerzeitmuseum Mahlsdorf heute

Zwar erhielt Charlotte von Mahlsdorf 1992 das Bundesverdienstkreuz, doch sie wanderte dennoch 1997 nach Schweden aus. Ihr Gründerzeitmuseum wurde vom Land Berlin gekauft und 2008 umfassend renoviert. Die Sammlungen umfassen heute 14 vollständig eingerichtete Räume, die eine einzigartige Zeitreise ins späte 19. Jahrhundert ermöglich. Besucher erhalten faszinierende Einblicke in das Leben des Berliner Bürgertums jener Epoche. Zu den schönsten Räumen zählen die „gute Stube“, der Gartensaal mit Freitreppe zum Park, das Speisezimmer und das Herrenzimmer, das einst dem Berliner Kaufmann Carl Wienecke gehörte. Die Damensalons stammen dagegen aus Ostpreußen.

Zum Gutshaus gehört auch ein weitläufiger Park mit Grünflächen, Blumenbeeten und Parkbänken. Ein Gedenkstein erinnert an die Gründerin Charlotte von Mahlsdorf, die 2002 bei einem Besuch in Berlin unerwartet verstarb und auf dem evangelischen Friedhof an der Rahnsdorfer Straße bestattet wurde. Der Gartensaal des Gutshauses kann für Feiern gemietet werden. Das Standesamt bietet auch die Möglichkeit der Eheschließung an.

Der Besuch im Gründerzeitmuseum Mahlsdorf

Das Gründerzeitmuseum befindet sich am Hultschiner Damm 333 in Mahlsdorf. Es ist mittwochs und sonntags zwischen 10 und 18 Uhr geöffnet und kann dann im Rahmen einer Führung besichtigt werden. Außerhalb der Öffnungszeiten können Führungen vereinbart werden. Der Eintritt beträgt 4,50€, ermäßigt 3,50€ für Studenten und 2,00€ für Kinder bis 12 Jahre.

Unabhängig davon finden im Gartensaal und in der Mulackritze im Souterrain regelmäßig Veranstaltungen statt für die ein eigenes Eintrittsgeld erhoben wird.

Anfahrt mit der Tramlinie 62 nach Alt-Mahlsdorf oder Rahnsdorfer Strae oder mit der Buslinie 398 zur Haltestelle Hultschiner Damm. Mit dem Auto vom Stadtzentrum kommend über die B1 bis zum Hultschiner Damm.

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