Wer ein wenig niederländisches Flair genießen will, muss dafür nicht unbedingt nach Amsterdam reisen. Direkt vor den Toren der Hauptstadt liegt das holländische Viertel von Potsdam mit seinen außergewöhnlichen Straßenzügen. Zuletzt durfte es die niederländische Metropole an der Nordsee sogar in der fünften Staffel der US-Serie „Homeland“ doublen, die größtenteils in Berlin gedreht wurde.
Die Geschichte des holländischen Viertels
Der Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. hegte bereits als Kronprinz im frühen 18. Jahrhundert eine große Begeisterung für seine holländische Verwandtschaft aus dem Hause Oranje-Nassau. Während andere europäische Adelige auf die Grand Tour nach Italien gingen, zog es ihn nach Den Haag und Amsterdam um die fortschrittliche holländische Architektur zu bewundern.
1730 – mittlerweile war Friedrich Wilhelm I. zum König gekrönt – ließ er sich von Cornelius van den Bosch das Jagdschloss Stern im holländischen Stil in Potsdam errichten. Auffällig ist der typische holländische Glockengiebel mit Satteldach.
Das Jagdschloss Stern war jedoch nur die Trockenübung: Ab 1734 ließ Friedrich Wilhelm I. niederländische Handwerker nach Potsdam holen, die ihm das sumpfige Gelände um die Seen trocken legen sollten. Wie in Amsterdam wurden auch hier zahllose Baumstämme in den Boden gerammt, um einen trockenen Untergrund zu schaffen, während das Grundwasser in den Heiligen See abgeleitet wurde.
Zur Unterbringung der Arbeiter wurden mehrere holländische Straßenzüge mit klassischen Giebelhäusern angelegt, sowie einige frei stehende Traufenhäuser, wie sie der niederländische Adel um diese Zeit mochte. Allerdings verspürten nur wenige niederländische Handwerker Lust nach Preußen auszuwandern, sodass vor allem einheimische Preußen und Franzosen in die hübschen Häuser zogen.
Das Holländische Viertel heute
Nach jahrelanger Vernachlässigung durch die DDR-Regierung wurde das holländische Viertel von Potsdam nicht zuletzt auch dank der Unterstützung des niederländischen Königshauses restauriert. Heute lässt sich in den vier Häuserkarrees mit 134 Holländern fast so nett bummeln wie in Amsterdam.
Im Jan Bouman-Haus in der Mittelstraße wurde ein kleines Museum eingerichtet, das die Geschichte des Viertels schildert und die holländische Architektur erklärt. Benannt wurde das Haus nach Jan Bouman, dem ersten niederländischen Architekten, den Friedrich Wilhelm I. im 18. Jahrhundert nach Potsdam holte. Das Museum ist montags bis freitags von 13.00. – 18.00 Uhr geöffnet, samstags, sonntags und feiertags von 11.00 – 18.00 Uhr.
Zahlreiche gemütliche kleine Boutiquen, Cafés und Restaurants laden zum Stöbern und Ausruhen ein. In der „Hohlen Birne“ werden vor allem niederländische und belgische Biere gezapft, darunter das berüchtigte belgische Kirschbier und das traditionsreiche Trappistenbier. Süße Poffertjes und Pannekoeken gibt es im gleichnamigen Café, während der „fliegende Holländer“ Matjes und Käsesalat auftischt.
Veranstaltungen im holländischen Viertel
Jedes Jahr im April feiert das holländische Viertel seine spirituelle Heimat mit dem großen Tulpenfest. Dabei zeigen traditionelle niederländische Handwerker ihre Künste, während Marktstände frische Käsesorten wie Gouda und Edamer verkaufen, Trachtengruppen Tänze vorführen und das niederländische Tourismusbüro kräftig die Werbetrommel rührt. Hobbygärtner haben die Gelegenheit, Tulpen- und andere Blumenzwiebeln zu kaufen.
In der Vorweihnachtszeit kommt der Sinterklaas ins Viertel: In den Niederlanden werden die Weihnachtsgeschenke noch ganz traditionell vom Nikolaus am 6. Dezember gebracht.