Das Nikolaiviertel

Die Berliner Geschichte ist untrennbar mit dem 20. Jahrhundert verbunden: Die beiden Weltkriege, die deutsch-deutsche Teilung und die Berliner Mauer, die Wiedervereinigung und die moderne spektakuläre Architektur am Potsdamer Platz.

Erst beim Betreten des historischen Nikolaiviertels am östlichen Spreeufer wird vielen Besuchern von Berlin klar, dass die Stadt auf eine viel längere Geschichte zurückblickt. Heute ist das kleine Viertel mit seinen engen Gassen und alten Häusern eines der beliebtesten Touristenziele im Herzen von Berlin. Was viele nicht wissen: Fast alle „historischen“ Häuser sind lediglich Nachbauten.

Die Geschichte des Nikolaiviertels

Die Nikolaikirche, die heute mit ihren spitzen Zwillingstürmen die Silhouette des Nikolaiviertels dominiert, kann als Keimzelle des späteren Berlins gelten: Nach ihrem Bau im Jahr 1200 entstand in ihrem Schatten die kleine Siedlung Berlin am östlichen Spreeufer, der am westlichen Ufer eine Siedlung namens Cölln gegenüber lag.

1307 wurden die beiden Siedlungen zu „Berlin-Cölln“ zusammengeschlossen, 1486 wurde sie von Kurfürst Johann Cicero von Brandenburg zu seiner Residenz erkoren. Über Jahrhunderte hinweg blieb das Nikolaiviertel das Stadtzentrum von Berlin, auch wenn sich die Stadt immer weiter in alle Richtungen ausdehnte.

Während der Bombardierungen des 2.Weltkriegs wurde das historische Nikolaiviertel zwischen 1943 und 1945 dem Erdboden gleichgemacht, später von der DDR-Regierung ignoriert. Tatsächlich existierten sogar Pläne, das ganze Viertel zu einem Hafenbecken auszubaggern! Stattdessen stand 1987 die 750-Jahr-Feier Berlins ins Haus und die DDR-Regierung beschloss, das historische Viertel zu rekonstruierten und so wieder aufzubauen, wie es vor der Bombardierung ausgesehen haben mag.

Die wichtigsten Gebäude im Nikolaiviertel

Die Nikolaikirche gilt seit jeher als Wahrzeichen des Viertels und wurde seit dem ersten Bau im 13. Jahrhundert mehrfach komplett umgebaut.

Die heute so markanten Zwillingstürme wurden erst bei einer umfangreichen Restaurierung im Jahr 1878 errichtet. Im 2-Weltkrieg wurde die Kirche stark beschädigt und verlor ihre Türme wieder. Jahrelang stand sie als Ruine im Brachland des zerstörten Nikolaiviertels, ehe sie ab 1982 grundlegend restauriert wurde und neue Türme erhielt.

Als Kirche fungiert sie indes schon lange nicht mehr: In ihrem Inneren werden Ausstellungen gezeigt und Konzerte veranstaltet.

Eine Vorstellung von der ehemaligen Pracht der preußischen Residenzstadt Berlin gibt auch der hübsche Ephraim-Palast, der im 18. Jahrhundert im damals so beliebten Rokoko-Stil erbaut wurde. Das Gebäude fiel jedoch nicht den Bomben des Weltkriegs zum Opfer, sondern den Nazis: Diese ließen den Ephraim-Palast 1935 abreißen, um eine neue Zufahrt zum Stadthaus zu schaffen. Die schöne Rokoko-Fassade wurde, jedoch einlagert – ironischerweise im späteren West-Berlin.

1982 wurde sie bei der DDR-Regierung gegen das Archiv der Königlichen Porzellan-Manufaktur eingetauscht und der Ephraim-Palast konnte an seinem originalen Standort neu aufgebaut werden. Heute ist ein Teil des Berliner Stadtmuseums in ihm untergebracht.

Hübsch anzusehen sind auch die rekonstruierten barocken Wohnhäuser am Nikolaikirchplatz, die am besten vermitteln, wie Berlin einst ausgesehen haben mag. Im Haus Nr.7 lebte der Schriftsteller Gotthold Ephraim Lessing. Eines der wenigen echten historischen Häuser ist das rosafarbene Knoblauchhaus aus dem 18. Jahrhundert in der Poststraße, das den zweiten Weltkrieg unbeschadet überstand. Sein Name hat übrigens nichts mit der stark riechenden Knolle zu tun sondern geht auf den Bauherren Johann Christian Knoblauch zurück. In seinem Inneren ist heute die Ausstellung „Berliner Wohnkultur des Biedermeier“ zu sehen, die das Leben der Knoblauchs im 19.Jahrhundert anschaulich darstellt.

Spannend für Touristen sind auch die historisierenden Alt-Berliner Gaststuben wie die „Letzte Instanz“, das Gasthaus „Zur Rippe“ und das ehemalige Künstlerlokal „Zum Nußbaum“, wo herzhafte Berliner Hausmannskost auf den Tisch kommt.

Das Nikolaiviertel erleben

Im Nikolaiviertel werden täglich Führungen angeboten, die die Geschichte des Viertels erzählen und auf die vielen sehenswerten Gebäude hinweisen. Ein besonderer Spaß für kleine und große Berlinbesucher ist die gruselig angehauchte „Nachtwächtertour“, die abends durch die dunkeln Gassen des Nikolaiviertels führt.